Vor einigen Monaten haben jüdische und muslimische StudentInnen gemeinsam eine neuartige wissenschaftliche Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Ziel der Initiative „Karov-Qareeb“ ist es, den Austausch zwischen den beiden religiösen Minderheiten zu fördern, gegenseitige Vorurteile abzubauen und neue gesamtgesellschaftliche Impulse zu setzen. Einige Treffen fanden im letzten Jahr bereits statt. Die Resonanz ist groß.
„Uns verbindet doch mehr, als uns trennt“ – frei nach diesem Motto schlossen sich im vergangenen Jahr einige VertreterInnen der beiden jüdischen und muslimischen Begabtenförderungswerke Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES) und Avicenna-Studienwerk zusammen. Sie initiierten eine studentische Denkfabrik (englisch: „Thinktank“), um über gemeinsame gesellschaftliche Herausforderungen zu reflektieren. In Zeiten, in denen Phänomene wie „Juden in der AfD“ und „muslimischer Antisemitismus“ immer wieder medial diskutiert werden, hat ein solches Projekt für interreligiöse Toleranz eine besondere Signalwirkung. Überregionale Aufmerksamkeit war der Initiative daher von Anfang an gewiss. Auch auf einen Namen einigte man sich bald: „Karov-Qareeb“, das Wort für „Nähe“ in hebräischer bzw. arabischer Sprache (wörtl. „nahe[stehend]; Verwandter“). Eine passende institutionelle Anbindung fand der jüdisch-muslimische Thinktank unter dem Dach von Dialogperspektiven. Religionen und Weltanschauungen im Gespräch, einem einjährigen Programm für StipendiatInnen aller 13 staatlich anerkannten Begabtenförderungswerke. Bereits 2015 rief ELES die Dialogperspektiven ins Leben und inzwischen unterstützt auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) dieses interreligiöse Fortbildungsprogramm.
Erste Ergebnisse der Arbeit von „Karov-Qareeb“ präsentierten die Beteiligten des Projekts im Dezember auf einem öffentlichen Workshop in Berlin. Neben den ehrenamtlichen Mitgliedern von „Karov-Qareeb“ sprachen dort auch Jo Frank, Geschäftsführer von ELES und Hakan Tosuner, Geschäftsführer des Avicenna-Studienwerks sowie Gerry Woop, Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Einig war man sich auf der Veranstaltung über die doppelte Zielrichtung von „Karov-Qareeb“: Einerseits gehe es darum, zu zeigen, dass es neben lauten Stimme der Abgrenzung sowohl in der jüdischen als auch in der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland auch solche der Neugier und Annäherung gebe. Andererseits müsse es aber auch Anspruch gerade gesellschaftlich besonders engagierter junger Menschen sein, mithilfe einer solchen gemeinsamen Initiative in ihre jeweiligen Gemeinschaften hineinzuwirken und dort für Toleranz gegenüber der jeweils anderen religiösen Minderheit zu werben. Ein erstes konkretes Projekt von „Karov-Qareeb“ ist die Erarbeitung einer Handreichung zum Thema „Jüdisch-Muslimischer Dialog“ für andere religiöse Institutionen in Berlin. Man darf gespannt auf weitere Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sein.
Alexander Benatar
Karov-Qareeb
Ansprechpartner
Dr. phil. Alexander Benatar
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
Auguststraße 80
10117 Berlin
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