Junia heute – Basisinitiative für Frauenordination in der Neuapostolischen Kirche

Die Basisinitiative „Junia heute“, benannt nach der möglicherweise weiblichen Apostelin Junia, setzt sich für die Frauenordination in der Neuapostolischen Kirche (NAK) ein. Kai Funkschmidt setzt sich mit dieser Initiative auseinander und ordnet sie in die aktuellen Reformen innerhalb der NAK ein.

Kai Funkschmidt
Ikone mit Darstellung der Junia

Die Reform der Neuapostolischen Kirche (NAK) in Richtung Protestantismus geht weiter. Nun entstand eine Basisinitiative, die sich für die Frauenordination einsetzt, ein Thema, das schon länger in der Luft lag. „Junia heute...für Frauen in geistlichen Ämtern“ wurde im Februar 2020 von 25 Gläubigen in den Räumen einer Münchener NAK-Gemeinde gegründet. Schon der Ort zeigt: Auch die kirchliche Hierarchie ist der Sache nicht abgeneigt. Mehrfach bereits haben Amtsträger bis hinauf zum Stammapostel angedeutet, dass die Öffnung geistlicher Ämter für Frauen denkbar sei. Inzwischen wurde Junia heute mit Apostel Gert Opdenplatz ein hochrangiger Vertreter als Ansprechpartner der Kirchenleitung ernannt.

Dementsprechend betont Sarah Koppitz, eine der drei Initiatorinnen, den kooperativen Charakter des Unterfangens: „Wir wollen nicht konfrontativ auf die Kirchenleitung zugehen, sondern ihr unsere Unterstützung anbieten. Denn wir wissen, dass derzeit ohnehin in den Bezirksapostelversammlungen intensiv über Frauenordination diskutiert wird. Wir wollen den angestoßenen Prozess professionell begleiten und bewirken, dass Frauen in Entscheidungsfindungen der Kirche mit einbezogen werden.“

Die Bewegung entstand im Vorfeld des letztjährigen Internationalen Jugendtages in Düsseldorf. Dort führten die Gründerinnen - „Wir wollten endlich mal wissen, was eigentlich die Geschwister über die Frage denken!“ - eine Umfrage zur Akzeptanz der Frauenordination durch, die anschließend im Internet fortgesetzt wurde. Innerhalb von knapp drei Wochen hatte man 2000 Antworten (50% M/F) – bei 350.000 NAK-Mitgliedern in Deutschland eine bemerkenswerte Quote, die zwar aus methodischen Gründen nicht repräsentativ, aber erstaunlich gleichmäßig auf die verschiedenen Altersgruppen verteilt ist. Diese unterschieden sich in ihren Antworten kaum voneinander – Frauenordination scheint keine Generationenfrage zu sein.

Naturgemäß fanden die Antwortenden das Thema mehrheitlich (sehr) wichtig. Dabei maßen die Gläubigen der Frage umso mehr Bedeutung zu, je seltener sie den Gottesdienst besuchten.

Erwartungsgemäß hoch lag mit 80% die Zustimmung. Die Befürwortung war unter den Amtsträgern und unter Männern insgesamt höher aus als unter den Frauen. Das scheint bestimmten feministischen Stereotypen zuwiderzulaufen. Weniger überraschend ist, dass die „Dafür“-Fraktion nach eigener Einschätzung ihre Meinung entschiedener vertritt als diejenigen, welche zwar dagegen, aber hierin eher entspannt sind. In der Praxis scheinen übrigens Frauen schon jetzt stark beteiligt: 72% glauben, dass sie auch ohne Amt seelsorgerische Aufgaben erfüllen (Männer: 75%).

NAK-typisch ist die Loyalität der Mitglieder groß: 91% würden jede Entscheidung der Kirchenleitung zum Thema mittragen. Dabei sind die Männer renitenter: Sie machen zwei Drittel der übrigen 9% aus, viele davon selbst Amtsträger.

Die theologischen Begründungen sind eher oberflächlich. Die Webseite Junia heute verlinkt auf externe feministisch-theologische Informationen zu Exegese und Kirchengeschichte rund um das Frauenthema. Hier wird dann über eine Ehefrau Jesu spekuliert und „antifeministische Wertungen“ in den Paulusbriefen konstatiert, also die eigene Ideologie zum Verständniskriterium für 2000 Jahre alte Texte gemacht. Frauen spielen zwar in NT und früher Kirche wichtige Rollen – aber das tun sie auch in der NAK. Die Ämterfrage ist damit noch nicht geklärt. Hierfür führt die Initiative vor allem die namengebende Junia aus Rö 13,7 ins Feld, da diese eine Apostelin gewesen sei. Das allerdings ist zwar grammatisch möglich (das Griechische kann hier sowohl „angesehen bei“ wie „angesehen unter den Aposteln“  bedeuten), aber historisch eher unwahrscheinlich.

In der Realität wird die Bewegung ohnehin nicht durch exegetische Erkenntnisse ausgelöst. Vielmehr kommt der Anstoß durch äußere, feministische Einflüsse, für die im Nachgang exegetische Gründe gefunden werden. Das ist auch ein kein Spezifikum der Frauenordination oder der NAK, sondern gilt zu allen Zeiten für große Teile der kirchlichen Lehrentwicklung. Junia heute redet denn auch überwiegend im Duktus von „Gleichberechtigung“, „Rechten“ und „Diskriminierung“, auch die Forderung nach einer „Frauenbeauftragten“ in der Kirchenhierarchie steht schon im Raum. Man ist wie ca. 80% der Umfrageteilnehmer der Ansicht, dass die Frauenordination vor allem eine Frage der Gleichberechtigung sei. Das ist zwar kein biblischer Begriff, doch glauben 80% der Befragten, diese sei Teil der Lehre Jesu gewesen. Es scheint schwer zu sein, die ganze Fremdheit der Welt des Neuen Testaments mit ihren sozialen, religiösen und geschlechtlichen Schichtungen, mit ihren undemokratischen und Sklaverei bejahenden Facetten zu akzeptieren.

Der häufigste Einwand in der NAK-Leitung gegen die Frauenordination ist ebenfalls kein theologischer, sondern ein praktischer: In Afrika, wo 80% der Neuapostolischen leben, sei die Akzeptanz der Frauenordination anders als in Europa nicht sehr hoch. Gesicherte Erkenntnisse darüber aber, so merkt Sarah Koppitz an, gebe es nicht. So möchte man bei Junia heute gerne hier als nächstes etwas Verlässliches herausfinden. In der Tat gibt es auch in Afrika zahlreiche protestantische Kirchen und „African Instituted Churches“ mit Frauenordination.

Allerdings können sich die Initiatorinnen von Junia heute auch vorstellen, dass man uneinheitlich vorgeht und die NAK in Europa Frauen ordiniert und in Afrika vorläufig noch nicht. Als erstes will man dazu sogenannte Botschafter und Botschafterinnen ausbilden. Sie sollen in den Gemeinden Gespräche über das Thema Frauenordination anstoßen. So werde die Akzeptanz für dieses Thema gefördert.

Kai Funkschmidt


Quellen:

www.junia-heute.de (hier auch die vollständigen Ergebnisse der Umfrage)

https://nac.today/de/a/522978 (Stammapostel Schneider zur Amtsfrage 2017)

Ansprechpartner

Foto Dr. Kai FunkschmidtDr. theol. Kai Funkschmidt
Wissenschaftlicher Referent
Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
Auguststraße 80
10117 Berlin