Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Autounfall gehabt. Sie selbst haben keinen Kratzer abbekommen, das Auto aber ist ordentlich verbeult. Sie bringen das Auto zu einer Werkstatt und die erste Reaktion des Mechanikers ist ein Klischeehaftes "Das wird teuer…" Nach der Angebotserstellung können Sie dem nur zustimmen und stehen vor folgender Entscheidung: Entweder das Auto, welches Sie seit vielen Jahren fahren, welches Sie zuverlässig begleitet hat und dessen kleine Macken Sie gut kennen, für viel Geld reparieren lassen. Oder aber für die Hälfte des Geldes ein neues Auto kaufen, wobei Sie sich erst einmal für ein Modell, die Farbe und die Ausstattung entscheiden müssten und ja selbst dann nicht wissen, ob dieses Auto wirklich zu 100% zu Ihnen passt. Für was würden Sie sich entscheiden?
Viele von uns treffen nicht gerne Entscheidungen. Wir sind froh, wenn alles seinen gewohnten Gang geht. Und für alles andere machen wir Pläne – möglichst langfristig, damit wir an alles denken können und auch wirklich nichts schief geht. Und weil auch wir bei der VELKD gerne so denken, hatten wir einen tollen Plan: 2024 soll eine neue Internetseite entstehen. Moderner, übersichtlicher, besser pflegbar. Weitere Gedanken waren da noch nicht investiert – das hatte ja alles noch Zeit.
Aber es kam anders: Mitte Juni, ungefähr einen Monat vor dem lange geplanten und mit vielen digitalen Themen vorbereiteten VELKD-Jubiläum, wurden auf dem Server, auf welchem die bisherige Internetseite lief, Dateien entdeckt, die dort definitiv nicht hingehörten. Kurz darauf wurde die gesamte Seite abgeschaltet, um mögliche Folgeschäden zu vermeiden und in Ruhe nach der Quelle und den Auswirkungen der Dateien zu forschen. Viele ernüchternde Gespräche mit etlichen Experten später stand der Entschluss, dass die alte Internetseite nicht mehr online gehen wird. Denn um wirkliche Sicherheit nach dem "sicherheitsrelevanten Vorfall", so die offizielle Sprachregelung, zu erhalten, müsste sehr viel Geld investiert werden. Sehr viel mehr als eine neue, bereits angedachte Internetseite kosten würde. Das kam überhaupt nicht in Frage. Dank der EKD-Kollegen konnte zumindest sehr zeitnah eine gute Übergangslösung geschaffen werden, denn eine neue Internetseite kann man auch nicht einfach so aus dem Hut ziehen.
Das Unerwartete ist meistens nicht schön. Wir müssen uns auf die sich daraus ergebenden Veränderungen einstellen und das braucht häufig Zeit. Die Bibel erzählt viele Geschichten, in denen Menschen sich von einem Moment auf den anderen auf etwas Neues einstellen mussten, weil Gott in ihr Leben eingriff, sich quasi rein-hackte. Manche waren sofort dabei, andere zögerten und einige haben versucht, sich zu wehren. Da ist Abraham, der in ein anderes Land ziehen soll und das auch ohne Zögern tut. Mose steht eines Tages vor einem brennenden Busch und diskutiert erst einmal mit Gott, während Jona nach dem Erhalt seines Auftrags wegläuft. Zacharias steht ungläubig vor dem Engel und wird stumm, Zachäus fällt vor Schreck fast vom Baum und wird spendabel, Saulus wird blind und anschließend ein überzeugter Missionar.
Gottes Hackerangriffe sind nie folgenlos – um das zu wissen, brauchen wir heute nur in die Bibel schauen. Hinterher ist man halt immer klüger und kann aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Trotzdem bleibt uns nichts anderes übrig, als zu vertrauen. Denn Gott will uns nichts Böses. Wenn Gott sich in unser Leben hackt, dann kann das nur gut werden.
Sebastian Stein