Spätestens seit Beginn der Coronakrise vor inzwischen über einem Jahr sind Podcasts allgegenwärtig. Was früher eine abendliche Diskussionsveranstaltung oder öffentliche Ringvorlesung war, ist unter den derzeitigen Pandemiebedingungen eine Zoom-Sitzung, ein YouTube-Livestream oder eben auch ein Podcast. Es gibt Hörangebote zu allen denkbaren Themen: Politik natürlich, aber auch Sport, Musik, Kultur und Theologie oder Religionswissenschaft (vgl. auch NL-Beitrag von 5/2020). So vermitteln in ihrem ZEIT-Podcast „Unter Pfarrerstöchtern“ die beiden Schwestern Sabine Rückert und Johanna Haberer auf unterhaltsame Art bibelkundliches Wissen. Eine Podcastreihe der Freien Universität Berlin wiederum widmet sich seit letztem Sommer speziell dem Wechselverhältnis von „Religion, Geschlecht und Sexualität“ aus interreligiöser Sicht. In dieses wachsende Angebot reiht sich seit Anfang dieses Jahres nun auch „Diesseits von Eden – Gespräche über Gott & die Welt“ ein, der „Podcast der theologischen Fakultäten Österreichs & Südtirols“.

An diesem dezidiert ökumenisch und interreligiös ausgerichteten Projekt beteiligen sich neben den katholisch-theologischen Fakultäten der Universitäten Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg sowie der Katholischen Privatuniversität Linz und der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen (Südtirol) auch die einzige evangelisch-theologische Fakultät Österreichs und das Institut für islamisch-theologische Studien, beide ebenfalls an der Universität Wien angesiedelt. In den zweiwöchentlich erscheinenden Folgen von jeweils 10 bis 20 Minuten Länge sollen Mitglieder dieser Einrichtungen zu aktuellen gesellschaftlichen Debatten zu Wort kommen und damit laut Uta Heil, Kirchenhistorikerin an der Wiener evangelisch-theologischen Fakultät, „die öffentliche Relevanz der Theologie sichtbar bzw. hörbar“ machen. In ersten Beiträgen ging es einerseits um derzeit fast „erwartbare“ Themen wie die Coronakrise oder Jürgen Habermas‘ neues Werk „Auch eine Geschichte der Philosophie“ und seine Haltung zur Theologie, andererseits scheut „Diesseits von Eden“ aber auch nicht vor kontroversen Themen zurück. Die Verstrickung der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien in die blutigen antijüdischen Pogrome der „Wiener Gesera“ vor 600 Jahren wird ebenso kritisch angesprochen wie die jüngste Entscheidung der vatikanischen Glaubenskongregation gegen die Segnung homosexueller Paare.

Eine (selbst)kritische Reflexion tradierter Familien- und Geschlechterbilder aus interreligiöser Perspektive nimmt auch die dritte Podcastfolge vor. Unter dem Titel „Die ‚Frauenfrage‘: Alte Debatte, moderne Probleme“ hinterfragen hierbei Uta Heil, der katholische Theologe Liborius Lumma und Carla Amina Baghajati, Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), die in ihren jeweiligen Konfessionen bzw. Religionen überlieferten Frauenbilder, etwa die Frage, inwiefern Argumente vermeintlicher Traditionen zum Ausschluss von Frauen von religiösen Leitungsämtern nach einer historisch-kritischen Einordnung heute überhaupt noch tragen können. Das Portfolio adressierter Themen ebenso wie der ausdrücklich pluralistische Ansatz dieses neuen theologischen Wissenschaftspodcasts aus Österreich ist jedenfalls vielversprechend. „Diesseits von Eden“ ist abrufbar über alle gängigen Podcast-Plattformen und verfügt außerdem über einen eigenen YouTube-Kanal sowie Facebook- und Twitter-Accounts.
 
Mehr zu „Diesseits von Eden“ auch auf: https://evang.at/interreligioeses-projekt-theologische-fakultaeten-starten-podcast/.

Zur offiziellen Website des Podcasts: https://diesseits.theopodcast.at/.

Alexander Benatar