Am 26. und 27. Mai 2014 fand der Evangelische Kirchenarchivtag in Berlin statt.
Im Mittelpunkt stand die Online-Stellung von Erschließungsdaten und digitalisiertem Archivgut in übergreifenden Portalen, namentlich dem Kirchenbuchportal, dem Archivportal-D und dem Archivportal Europa. Die Aufmerksamkeit richtete sich dabei insbesondere auf das Kirchenbuchportal, das im Spätsommer unter dem Namen ARCHION in einer Beta-Version freigeschaltet werden soll. Dieses Portal stellt einen enormen (auch finanziellen) Kraftakt für die beteiligten evangelischen Landeskirchen und die EKD dar. Die teilnehmenden Archive stehen gegenwärtig vor der Herausforderung, die bei ihnen verwahrten zigtausend Kirchenbücher zu digitalisieren und in das Portal einzubinden. Harald Müller-Baur, der Geschäftsführer der eigens gegründeten GmbH, berichtete, dass ARCHION neben den Kirchenbuch-Digitalisaten auch einen Informationsbereich und ein Forum für die Nutzer bieten wird. Außerdem seien für die Nutzer Möglichkeiten vorgesehen, im Portal zu arbeiten, d.h. Digitalisate zu markieren, zu indexieren, zu transkribieren und miteinander zu verbinden, so dass ARCHION einen erheblichen Mehrwert für die Familienforschung bieten werde. Langfristig solle der Mehrwert des Portals auch dadurch erhöht werden, dass Personenstandsunterlagen nicht-kirchlicher Archive eingebunden würden. Gegenwärtig hätten sich bereits 3.000 Abonnenten für den Newsletter angemeldet, was als Beleg für das immense Interesse am Kirchenbuchportal zu werten sei.
Einen noch umfassenderen Ansatz stellten die Vertreter der „großen“ Portale in Berlin vor: Susanne Waidmann (Bundesarchiv) berichtete vom Archivportal Europa, das sich bereits in der zweiten Projektphase befände. Es umfasse gegenwärtig 39 Mio. Verzeichnungseinheiten und 141 Mio. digitalisierte Archivgutseiten von 403 Institutionen in 33 Ländern. Auch die kirchlichen Archive könnten durch ihre Beteiligung eine bessere Erreichbarkeit und neue Sichtweisen auf ihr Archivgut erreichen. Einzige Voraussetzung sei eine vertragliche Vereinbarung und die Übergabe der Daten in einem strukturierten Format, am besten EAD. Aber auch andere Formate könnten mit Hilfe der bereitstehenden IT-Werkzeuge sehr einfach konvertiert werden.
Für eine Beteiligung der Kirchenarchive am Archivportal-D warb Martin Reisacher (Landesarchiv Baden-Württemberg). Das Archivportal-D solle eine kontextorientierte Präsentation der archivischen Erschließungsdaten innerhalb der Deutschen Digitalen Bibliothek ermöglichen. Es befinde sich gegenwärtig im Aufbau und werde auf dem Deutschen Archivtag in Magdeburg Ende September für das Internet freigeschaltet. Auch Reisacher stellte dar, wie einfach die Übermittlung der Daten sei. Außerdem bot er die weitreichende technische Unterstützung bei diesem Prozess an.
Sowohl Waidmann als auch Reisacher konnten bereits auf positive Erfahrungen mit den Daten teilnehmender Kirchenarchive verweisen: Das landeskirchliche Archiv Stuttgart hat seine Daten bereits in das Archivportal Europa eingebunden, das landeskirchliche Archiv Kassel testet seine Daten gegenwärtig im Archivportal-D.
In den insgesamt sechs Sektionssitzungen des Kirchenarchivtags wurden verschiedene archivfachliche Frage diskutiert. Unter den Überschriften „Erschließung“, „Archivrecht“, „Bewertung“ und „Bildungsarbeit“ wurden Beispiele und konkrete Verfahrensweisen aus den evangelischen Archiven präsentiert und diskutiert. Besonders nachgefragt war die Sektion zur Einführung des Dokumentenmanagementsystems (DMS) in der badischen Landeskirche. Zwei Vertreter des landeskirchlichen Archivs Karlsruhe erläuterten dabei, dass die Einführung deutlich komplexer sei, als man anfangs gedacht habe. Vor allem seien im Verlauf der ersten Projektphase viele neue Frage und Herausforderungen aufgetaucht, die nun – in der zweiten Projektphase – gelöst werden müssten. Dazu habe man eine erhebliche Aufstockung der personellen und finanziellen Mittel vornehmen müssen. Das Karlsruher Projekt hat insofern wichtige Erfahrungen für vergleichbare Projekte in den anderen Landeskirchen gebracht.